Wie inklusiv ist das Quartier?

Wie inklusiv ist das Quartier?

Kriterienkatalog für barrierefreie und generationengerechte Wohnquartiere blieb in der Schublade liegen

Dr. Günter Bell, Stadtplaner und Sozialwissenschaftler, Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Köln, kommentiert hier privat.

Eine im Frühjahr 2020 von der Stadt Köln veröffentlichte Broschüre „Wie inklusiv ist das Quartier?“ soll die Planenden für die Themen Barrierefreiheit und Generationengerechtigkeit sensibilisieren und ihnen helfen, die inklusive Gestaltung von Wohnquartieren von Anfang an im Blick zu haben.

Der Auftrag des Stadtrates an die Stadtverwaltung: Diese Broschüre bei zukünftigen Quartiersentwicklungskonzepten, städtebaulichen Wettbewerben und vergleichbaren Planungen einzubeziehen und die beteiligten Planungsbüros zu Beginn des Planungsprozesses in geeigneter Art und Weise über diese Anforderungen zu informieren.

Ein solche Handreichung ist dringend: Unter den Planenden ist Unkenntnis über die konkreten Anforderungen an Barrierefreiheit weit verbreitet.

In der Sitzung der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik im November 2022 fragten die Vertreter*innen der Behindertenorganisationen und Selbsthilfegruppen nach den Erfahrungen mit dem Kriterienkatalog. Die Kölner Stadtverwaltung braucht neun Monate, die Fragen zu beantworten. Und die Antwort erstaunt:

Zunächst wird ausschweifend erklärt, die Kriterien würden berücksichtigt und seien „Konsens“. Und überhaupt:

„Die Inklusion stellt ein hohes Gut dar und findet dadurch Beachtung.“

Dann muss das Stadtplanungsamt aber zugeben, dass der Auftrag des Rates nicht umgesetzt wird:

„Der Kriterienkatalog … wird derzeit nicht gesondert als Anlage zu Wettbewerbsauslobungen verwendet.“

Dabei sieht, wer mit offenen Augen durch Köln geht, wie notwendig die mit der Broschüre bezweckte Sensibilisierung und Information ist: Die Auffindbarkeit, der Zugang und die Nutzung vielen Gebäude sind für Menschen mit Behinderungen immer noch eingeschränkt, auf ihren Wegen durch die Stadt stoßen sie nach wie vor auf große Hindernisse.

Dank der Nachfrage in der Stadtarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik ist dieses Versäumnis der Stadtverwaltung nun bekannt geworden. Die Leiterin des Stadtplanungsamtes hat zugesagt, die Broschüre nicht länger in der Schublade liegen zu lassen und der Barrierefreiheit mehr Gewicht zu geben.

Sind wir also gespannt, was die Stadtverwaltung in einem Jahr über ihre Erfahrungen berichten wird, denn das ist klar: Das Thema bleibt auf der Tagesordnung.

https://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf16/pdf161/brosch%C3%BCre_kriterienkatalog_inklquartiere_bfrei_-_02.04.2020.pdf

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