Wohnungsbauoffensive und Mietendeckel
Die Antwort auf die Krise des Immobilienmarktes:
Wohnungsbauoffensive und Mietendeckel
Blog zu Bauen. Wohnen. Stadtentwicklung in Köln
Dr. Günter Bell, Stadtplaner und Sozialwissenschaftler, Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Köln, kommentiert hier privat.
Die alarmierenden Meldungen reißen nicht ab: „Neue Rekorde beim Hauspreisverfall.“ (FAZ 23.9.203), „Ein Hauspreis-Verfall wie seit 20 Jahren nicht mehr.“ (FAZ 30.12.2023), „Die Immobilienpreise fallen so stark wie seit Jahrzehnten nicht.“ (FAZ 9.2.2024).
Aber für wen sind das eigentlich schlechte Meldungen? Zunächst sicherlich für die Eigentümer*innen der Häuser, deren Preise verfallen.
Bei Lichte besehen ist der lautstark beklagte Rückgang der Kaufpreise jedoch vor allem eine Korrektur der spekulativen Preisübertreibungen; und trotz der jüngsten Preisrückgänge sind die Überbewertungen nach wie vor erheblich – so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seinem Wochenbericht vom 20.1.2.2023. Eine Einschätzung, die von der Deutschen Bundesbank geteilt wird. In ihrem aktuellen Monatsbericht schätzt sie, dass die Preise für Wohnimmobilien in den Städten zwischen 15% und 20 % über demjenigen Niveau lagen, das aufgrund soziodemografischer und wirtschaftlicher Fundamentaldaten angemessen ist.
Für sich genommen ist der Rückgang der Hauspreise also keine Schreckensmeldung.
Mieten steigen unvermindert weiter
Zum Problem wird diese Entwicklung durch die gleichzeitig gestiegenen Finanzierungs- und Herstellungskosten. In dieser Situation müssen nicht nur viele Projektentwickler die Segel streichen, weil sie sich verspekuliert haben. Auch viele Privathaushalte müssen sich vom Traum vom Eigenheim verabschieden. Sie weichen – zumindest vorerst – auf den Mietwohnungsmarkt aus. Das erhöht dort zusätzlich die Nachfrage.
Dies trägt dazu bei, dass sich Kauf- und Mietwohnungsmarkt aktuell so unterschiedliche entwickeln: Gleichzeitig mit den fallenden Kaufpreisen für Wohngebäude steigen die Wohnungsmieten, vor allem in den Großstädten, unvermindert weiter an.
So ist auch der Kölner Wohnungsmarkt stark angespannt: Die Stadtverwaltung teilte jüngst mit, dass sich die mittlere Bruttokaltmiete allein seit 2016 um 24,9 % auf 13,65 Euro / m2 verteuert hat. Im Durchschnitt müssen die Kölner Haushalte 32,5 % ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Miete ausgeben.
Was sind richtige Reaktionen auf diese Situation?
Die aktuelle Entwicklung bestätigt ein weiteres Mal: Der vielbeschworene Markt versagt, wenn es um die Gewährleistung des Grundrechts auf Wohnen geht. Erforderlich ist eine möglichst weitgehende Verringerung der Marktabhängigkeit und Demokratisierung des Wohnungswesens.
Die richtige Reaktion auf diese angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt wäre aktuell einerseits eine massive Wohnungsbauoffensive der öffentlichen und gemeinwohlorientierten Unternehmen. Und andererseits ein effektiver Schutz der Mieter*innen gegen Mieterhöhungen und Verdrängung.
Sinnvolle Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch:
- Zur Ausweitung der Bauinvestitionen der öffentlichen und gemeinwohlorientierten Unternehmen könnte die Einführung einer Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit beitragen. Die Förderung wäre dauerhaft an Mietobergrenzen, eine Pflicht zur Reinvestition von Gewinnen sowie demokratische Mitbestimmungsrechte für Mieter*innen zu binden. Für die auf diesem Weg errichteten Wohnungen sollte gelten: Einmal gefördert, immer gebunden.
- Die Mieter*innen brauchen dringend Schutz vor Mietpreisexplosion. Daher ist ein bundesweiter Mietendeckel erforderlich, der neben Mietobergrenzen auch die Absenkung zu hoher Mieten vorsieht.
Aber selbst eine so bescheidene Forderung, Mietwucher konsequent zu unterbinden, wird von der Bundesregierung nicht unterstützt. Dabei liegt seit Januar 2020 eine entsprechende Gesetzesinitiative des Bundesrates vor. Der Entwurf eines Gesetzes zur besseren Bekämpfung von Mietwucher reagiert darauf, dass insbesondere in Ballungszentren von einem Teil der Vermieter*innen unangemessen hohe Mieten verlangt werden. Die bestehenden Vorschriften des Wirtschaftsstrafgesetzes (WiStrG) sind in der Praxis nicht ausreichend, um Mieter effektiv vor wucherischen Mieten zu schützen. § 5 des WiStrG soll daher im Interesse der Mieter*innen verschärft werden. Kommentar der Bundesregierung: „Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung ist noch nicht abgeschlossen.“