Zeugnisse der Industrie- und Stadtteilgeschichte
Blog zu Bauen. Wohnen. Stadtentwicklung in Köln
Dr. Günter Bell, Stadtplaner und Sozialwissenschaftler, Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Köln, kommentiert hier privat.
Der rechtsrheinische Kölner Vorort Kalk ist durch seine industrielle Vergangenheit geprägt. Südlich der Kalker Hauptstraße stehen noch große Hallen des Maschinenbaukonzerns Klöckner-Humboldt-Deutz AG. Die zukünftige Nutzung einiger dieser Hallen war Thema der letzten Sitzung des Kölner Stadtrates. Die „Montag Stiftung Urbane Räume gAG“ hatte ihr Engagement für eine gemeinwohlorientierte Entwicklung auf dem Areal der Hallen Kalk beendet. Dieser Rückzug und insbesondere dessen Begründung sind ein Paukenschlag.
Ein Projekt dieser Dimension und in einer Konstellation aus Kommune, Bürgerschaft, Vereinen, Stiftungen und professionellen Akteuren ist nur in einer Partnerschaft mit maximaler Verlässlichkeit, einem abgesteckten Handlungsrahmen und einem strikten Zeitmanagement möglich. Dieses sehen wir auf Seiten der Stadt Köln nicht mehr gegeben.
In einer von allen demokratischen Fraktionen beantragten Aktuellen Stunde wurde über kulturelle, soziale und soziokulturelle Projekte als Impulsgeber und Baustein nachhaltiger Stadtentwicklung diskutiert. Die Botschaft an die Stadtverwaltung war klar und eindeutig: Die Stadt Köln muss ein zuverlässiger Partner bürgerschaftlichen Engagements sein und Projekte wie die gemeinwohlorientierte Entwicklung auf dem Areal der Hallen Kalk sollen unterstützt werden.
Tag des offenen Denkmals: Kalker Maschinenretter
Am Samstag stand der andere stadtteilprägende Betrieb im Mittelpunkt des Interesses: Peter Zillig, der Vorsitzende der Geschichtswerkstatt Kalk, informierte über die aus der Chemischen Fabrik Kalk (CFK) geretteten Maschinen.
Die 1858 als Chemische Fabrik Vorster & Grüneberg gegründet Fabrik war zeitweise der zweitgrößte Sodaproduzent Deutschlands und mit bis zu 2400 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber im rechtsrheinischen Kölner Stadtgebiet. Der damalige Hauptgesellschafter BASF schloss das Werk zum 31. Dezember 1993.
Auf dem ehemaligen Fabrikgelände befinden sich heute u.a. das Einkaufszentrum Köln Arcaden, Bürogebäude, Wohnungen und ein Park.
Als sich abzeichnete, dass die Fabrik abgerissen würde, beschlossen engagierte Menschen, Zeugnisse dieser Industrie- und Stadtteilgeschichte zu retten. Sie bargen Maschinen und arbeiteten sie auf. Mit Hilfe des Technischen Hilfswerks wurden sie dann an verschiedenen Stellen wieder aufgebaut: gegenüber der Kalker Kapelle, im Parkhaus der Köln-Arkaden, im Durchgang von den Köln-Arkaden zum Bürgerpark und gegenüber dem Polizeipräsidium.
Die Erinnerungen an die „Chemische“, wie die Kalker damals sagten, sind weitgehend getilgt. Neben den geretteten Maschinen ist lediglich der alte Wasserturm erhalten geblieben. Auch die denkmalwerte große Düngemittelhalle ist abgerissen worden.
Dieser Fehler sollte sich bei den KHD-Hallen nicht wiederholen. Das Nutzungskonzept der Verantwortungsgemeinschaft Osthof (Kulturhof Kalk e.V., Inklusives Kunsthaus Kalk, Kreationszentrum zeitgenössischer Zirkus e.V.) verdient Unterstützung.
Und ich persönlich hoffe ja auch immer noch auf eine kulturelle Wiedernutzung der historischen Hallen am Ottmar-Pohl-Platz.
Mehr Informationen über die Kalker Geschichte findet man auf der Seite der Geschichtswerkstatt Kalk: https://www.gw-kalk.de/
erstellt am: 09.10.23
alle Fotos © Günter Bell