„Wir sind einfach Müde geworden.“
Hochhaus am Friesenplatz bleibt bestehen

„Wir sind einfach Müde geworden.“
Hochhaus am Friesenplatz bleibt bestehen

Blog zu Bauen. Wohnen. Stadtentwicklung in Köln

Dr. Günter Bell, Stadtplaner und Sozialwissenschaftler, Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE. im Rat der Stadt Köln, kommentiert hier privat.

Letzte Woche teilten die Projektentwickler Proximus und Quantum mit, von der Stadt Köln die Genehmigung für den Umbau des seit langem leerstehenden Hochhauses am Friesenplatz erhalten zu haben. Das Hochhaus aus den 1960er Jahren werde nicht abgerissen, sondern grundlegend neugestaltet.

Projektentwickler und Architekt geben sich betont grün und nachhaltig: Durch diese Revitalisierung blieben rund 70 Prozent der ursprünglichen Bausubstanz erhalten. Im Hinblick auf den CO2-Fußabdruck habe dieses Konversionsprojekt jedem Neubau viel voraus.

Wer die Vorgeschichte kennt, staunt.

Im Juni 2020 stellte die Kölner Stadtverwaltung im Rat drei Alternativen zur Abstimmung:

  • ein Festhalten am gültigen Höhenkonzept und damit eine Beschränkung des Neubaus auf 22,50 Meter;
  • das Zugeständnis an die Projektentwickler, 67 Meter hoch bauen zu dürfen;
  • den Wünschen der Projektentwickler nachzukommen und eine Genehmigung für einen 99 Meter hohen Neubau in Aussicht zu stellen.

Ein Erhalt des 39 Meter hohen Gebäudes und dessen Umbau wurde erst gar nicht vorgeschlagen, hatte der Eigentümer diesen Ansatz doch als wirtschaftlich nicht tragbar dargestellt.

Es folgte eine lange und kontroverse Diskussion an deren Ende die Ratsmehrheit aus Grünen, CDU und volt im Mai 2021 die Prüfung einer Höhenentwicklungen bis maximal 67 Meter durchsetzte. (Dagegen stimmten u.a. die SPD und DIE LINKE.)

Damit wurde das Höhenkonzept wieder einmal ignoriert. Ein weiteres Beispiel für das Einknicken von Stadtverwaltung und Politik vor Investoreninteressen, hier als Prüfauftrag bemäntelt.

Im August 2021 dann die Überraschung: Die Projektentwickler teilten mit, das leerstehende Hochhaus solle nun doch nicht abgebrochen werden. Man werde jetzt anstelle eines Neubaus versuchen, eine auf den Bestand bezogene nachhaltige Lösung umzusetzen.

Nun, ein weiteres Jahr später, liegt die Baugenehmigung vor. Und was im Juni 2020 noch als unwirtschaftlich galt, wird heute als eine „Landmarkimmobilie“ angepriesen.

Warum die Kehrtwende? Man sei angesichts der politischen Situation „müde“ geworden – so die Erklärung der Projektentwickler.

Diejenigen, die den Wünschen der Projektentwickler gegenüber hartnäckig auf das gültige Höhenkonzept bestanden haben, habe letztendlich Recht bekommen.

Und die Stadt hat ein weiteres Mal gelernt, wie klug es ist, dem Geschwätz der Projektentwickler („unwirtschaftlich”) nicht leichtfertig auf den Leim zu gehen.

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