Öffentlichkeit nicht erwünscht

Öffentlichkeit nicht erwünscht

Erschienen in: Platzjabbeck. Zeitschrift der Fraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Köln, Ausgabe 1/2022, Februar 2022

Was haben das Begleitgremium zur Parkstadt-Süd, das Begleitgremium zum Deutzer Hafen und das Begleitgremium zur Ost-West-Achse gemeinsam? Sie alle tagen nicht öffentlich.

Bemerkenswert ist, dass dieser Ausschluss der Öffentlichkeit von der Fraktion Die Grünen mitbetrieben wird; also von der Fraktion, die den Wähler*innen in ihrem Wahlprogramm noch mitteilte:

Wir sind überzeugt davon, dass eine aktive Mitgestaltung durch alle Menschen … ein demokratisches und offenes Köln nachhaltig stärkt.

Und die ankündigte, sie wolle „Öffentlichkeitsbeteiligung, Bürger*innen-Engagement und Selbsthilfe strategisch weiterentwickeln.“

Die vom Rat am 3.2.2022 beschlossene Einrichtung eines Begleitgremium zur Ost-West-Achse ist dabei von besonderer Brisanz. Zur Erinnerung: Ende 2020 hatte die damalige Verkehrsdezernentin Andrea Blome in der Ausschreibung eines Kommunikationskonzepts für die Planung der Ost-West-Achse als Auftrag formuliert:

„Die Kommunikation soll zudem erreichen, dass es bis zum finalen Variantenentscheid möglichst wenig Störfeuer und keine Grundsatzdebatte über das Projekt gibt.“

Dieses Störfeuer dürfte von dem unter Ausschluss der Verkehrsinitiativen und nicht-öffentlich tagenden Gremium tatsächlich nicht zu erwarten sein.

Zuvor hatte der Verkehrsausschuss – mit den Stimmen der Grünen ! – den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE abgelehnt, die Sitzungen des Begleitgremiums öffentlich stattfinden zu lassen und an dem Gremium Menschen aus Initiativen und Verbänden zu beteiligen.

In dieses Muster passt auch, dass die Stadt die erneute frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit zu dem Bebauungsplan-Entwurf für das Otto-Langen-Quartier (raum 13) zu den minimal möglichen Bedingungen durchgeführt hat.

Während man also vielerorts die Öffentlichkeit ausschließt und die vom Rat beschlossene systematische Öffentlichkeitsbeteiligung mit angezogener Handbremse nur langsam vorankommt, werden nun die im Kommunalwahlprogramm der Grünen angekündigten sogenannte „Bürgerräte“ als weiteres Instrument der Öffentlichkeitsbeteiligung eingeführt.

Auch DIE LINKE ist für neue Wege offen, die zu mehr Öffentlichkeitsbeteiligung führen. Aber nicht alle Wege führen auch zum Ziel. So gewährleistet die für die Besetzung der Bürgerräte vorgesehene reine Zufallsauswahl eben nicht, dass das auf diesem Weg gebildete Gremium die Vielfalt der Kölner Bürger*innen abbildet. Dazu wären andere Auswahlverfahren erforderlich.

Wir befürchten, dass dieses neue Instrument eher von den bisherigen Fehlern und Unterlassungen ablenkt, also neue Qualitäten der Öffentlichkeitsbeteiligung zu ermöglichen. Wir sperren uns nicht gegen „Bürgerräte“ legen unsere Priorität aber auf die konsequente Umsetzung der vom Rat am 18.6.2020 beschlossenen Leitlinien für Öffentlichkeitsbeteiligung der Stadt Köln.

Hier heißt es unter der Überschrift „Geeignete Ansprache aller interessierten beziehungsweise betroffenen Kölnerinnen und Kölner“ unter anderem:

In den Verfahren der Kölner Öffentlichkeitsbeteiligung werden die Interessen und Perspektiven möglichst aller von dem Projekt betroffenen Gruppen gehört. Dafür werden offene, allgemein zugängliche Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen. Darüber hinaus setzt sich die Stadt Köln zum Ziel, solche Gruppen zur Teilnahme zu bewegen, die erfahrungsgemäß eher selten bei Beteiligungsverfahren mitmachen. Ziel ist es, einen chancengerechten Zugang zu Beteiligung zu schaffen.

Was selbstverständlich klingt ist einer der größten Mängel bisheriger Öffentlichkeitsbeteiligung: Die Ansprache bleibt faktisch allzu oft auf bereits beteiligungsaffine Gruppen beschränkt. Wird der Vermeidung dieses Mangels nicht von Beginn an größte Aufmerksamkeit geschenkt, bleiben zentrale Konstruktionsfehler bisheriger Öffentlichkeitsbeteiligung erhalten.

Dass im Ausschuss für Bürgerbeteiligung, Anregungen und Beschwerden unser Änderungsantrag abgelehnt wurde, die Verwaltung aufzufordern, im zu erarbeitenden Konzept darzustellen, „auf welche Art und Weise Barrieren zur Teilhabe vermieden bzw. verringert werden sollen und Gruppen zur Teilnahme bewegt werden sollen, die erfahrungsgemäß eher selten bei Beteiligungsverfahren mitmachen“ ist kein gutes Omen für die Einrichtung sogenannter „Bürgerräte“.

Man gewinnt den Eindruck, dass die Grünen solchen Gruppen, die nur mühsam und mit besonderen Anstrengungen für eine Beteiligung zu gewinnen sind, keine große Beachtung schenken, zählen sie doch üblicherweise nicht zu ihren Stammwähler*innen.

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