Mit der UNESCO an einem Tisch sitzen

Mit der UNESCO an einem Tisch sitzen

Erschienen in Lokalberichte 12-04

Verdienstvollerweise hatte die Kölner Ortsgruppe des Bundes Deutscher Architekten (BDA) am 10. Oktober 2005 wieder einmal zu einem Montagsgespräch in das Domforum eingeladen. Thema dieses Mal: die städtebaulichen Planungen für das Umfeld des ICE-Bahnhofs in Köln-Deutz.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung sollte die Frage stehen, wie man angesichts der verfahrenen Situation um das Weltkulturerbe Kölner Dom und seine Gefährdung durch die rund um den Deutzer Bahnhof geplanten Hochhäuser, „Wege aus der Planungsmisere“ finden könnte. Mindestens ebenso interessant waren jedoch die Sachinformationen zur materiellen Planung und den realen Entwicklungsperspektiven in der „rechtsrheinischen City“.

Bernd Streitberger, der Dezernent für Planen und Bauen der Stadt Köln, stellte eingangs nochmals die Lage dar: Zwar bestehe für das Gebiet ein rechtskräftiger Bebauungsplan, der den Bau von vier Hochhäusern vorsieht, sollte jedoch auch nur ein weiteres dieser Hochhäuser realisiert werden, so würde die UNESCO den Dom von der Liste der Weltkulturerbe streichen. Ein Kompromiss – das machte Streitberger unmissverständlich deutlich – sei nicht möglich. Auf dieser Grundlage setze er sich für eine Überarbeitung des Bebauungsplanes ein.

In einem zweiten Vortrag erläuterte Franz Eberhard, Direktor des Amtes für Städtebau der Stadt Zürich, wie man dort schwierige städtebauliche Fragen in „moderierten Verfahren“ bewältigt und zu diesem Zweck die Betroffenen an einem Tisch zusammenführt.

Was den Moderator der Diskussion, den Journalisten Jürgen Keimer, dazu veranlasst hat, anschließend die PodiumsteilnehmerInnen mit der Frage zu konfrontieren, ob sie sich vorstellen könnten, „mit der UNESCO an einem Tisch zu sitzen“, wird sein Geheimnis bleiben. Wer würde eine solche Frage verneinen?

Immerhin konnte man erleben, wie sich der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses der Stadt Köln, Karl-Jürgen Klipper (CDU), zwar das erwartete „Ja“ entlocken ließ, ansonsten aber keinen Hehl draus machte, dass er zutiefst beleidigt ist und die UNESCO am liebsten zum Teufel jagen würde. Für ihn ist klar: Die umstrittene Planung ist qualitätsvoller Städtebau, die Hochhäuser sind gut für Köln und die Drohung der UNESCO, den Dom aus der Weltkulturerbeliste streichen zu wollen, ein glatte Fehlentscheidung. Es sind wohl gerade diese Politikertypen, für die der Vortrag von Franz Eberhard gedacht war.

Sollte sich der Rat der Stadt Köln tatsächlich dazu durchringen, den Bebauungsplan aufzuheben und damit auf die ins Auge gefassten Hochhäuser verzichten, bestünde in Köln jedenfalls die Chance, die städtebaulichen Planungen für das Umfeld des ICE-Bahnhofs in Köln-Deutz nochmals neu zu durchdenken, und hierbei von den Züricher Erfahrungen zu profitieren. Der Wunsch, dass es hierzu kommt, einte wohl (fast) alle Anwesenden bei diesem Montagsgespräch des BDA.

Dass die bisherige Planung auch ohne das Veto der UNESCO nicht mehr realistisch ist, verdeutlichte Gerd Weber, als Vertreter Kölner Messe. Er erinnerte darauf, dass die Bahn den ICE-Haltepunkt Messe/Deutz auf eine ferne Zukunft verschoben habe, und damit eine städtebauliche Planung, die genau auf die Impulse dieses ICE-Haltepunktes beruht, in der Luft hänge. Jedenfalls seien für die beiden nördlich des Bahnhofs geplanten Hochhäuser weit und breit keine Investoren in Sicht.

Und da sich kein Mieter das Negativ-Image zumuten möchte, für die Streichung des Doms von der Weltkulturerbeliste mitverantwortlich zu sein, werde sich wohl auch für den Jahn-Tower auf der Südseite des Bahnhofs keine Ankermieter finden.

Für die städtebauliche Entwicklung im rechtsrheinischen Citybereich erweist sich die Intervention der UNESCO mithin als glückliche Fügung. Ohne sie würden die Stadt Köln vermutlich über Jahre dem städtebaulichen Phantom überdimensionierter Hochhausprojekte hintergejagt haben, um am Ende mit leeren Händen dazustehen. Jetzt ist sie gezwungen, neu nachzudenken. Prof. Peter Canisius, der ehemalige Präsident der Deutschen Unesco-Kommission, betonte, dass es die Aufgabe der Kölner Stadtgesellschaft sei, sich um einen angemessenen Umgang mit dem Weltkulturerbe zu bemühen. Daran, wie dies für ihn aussehen müsse, ließ er keinen Zweifel: Auf die Hochhäuser müsse verzichtet werden. An ihrer Stelle müsste eine qualitätsvolle Architektur treten, die sich z.B. durch Renzo Pianos Peek & Cloppenburg-Gebäude an der Schildergasse anregen lässt.

Immerhin besteht jetzt die Hoffnung, dass die Weichen tatsächlich in diese Richtung umgelegt werden.

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