Höhenkonzept für die linksrheinische Innenstadt

Höhenkonzept für die linksrheinische Innenstadt

Erschienen in Lokalberichte 05-06

Die Debatte um die Beeinträchtigung des Doms als Weltkulturerbe und das Drängen einflussreicher Konzerne auf eine höhere Ausnutzung ihrer in der Kölner Innenstadt gelegenen Grundstücke unterstreicht die Notwendigkeit einer funktionierenden Stadtplanung und klarer Vorstellungen über die zukünftige Entwicklung der Stadt. Das vom Stadtentwicklungsausschuss des Rates im November 2005 beratene „Höhenkonzept für die linksrheinische Innenstadt“ ist ein wichtiger Beitrag hierzu.

Bestandsanalyse

Der Gebäudebestand im Planungsraum zwischen Rhein und den Ringstraßen, einschließlich der Baublöcke auf der Außenseite der Ringstraßen, wird in sechs Plänen ausführlich analysiert.

Diese Pläne geben u.a. Auskunft über die Gebäudehöhen, identifizieren homogene Baufelder und untersuchen die Wirkungsfelder des Doms, der Romanischen Kirchen und anderer stadtbildprägender Baudenkmäler (z.B. die Reste der mittelalterlichen Stadtbefestigung oder das Opernhaus).

Die Stadtverwaltung hat damit eine qualitätsvolle Arbeit vorgelegt und eine gute Grundlage für die Diskussionen über Gestalt und Entwicklung der Kölner Innenstadt gelegt.

Schutz der stadtbildprägenden Baudenkmäler

Durch die Einrichtung einer Pufferzone im Bereich zwischen der Bastei und dem Bayenturm sowie zwischen dem Rheinufer und der Nord-Süd-Fahrt soll der Dom als Weltkulturerbe gesichert werden. Alle Baumaßnahmen in diesem Bereich sind auf ihre Auswirkungen auf den Dom zu überprüfen. Im unmittelbaren Wirkungsfeld des Domes sollen zudem nur noch Gebäude mit einer Höhe bis 22,50 m zulässig sein.

Die Romanischen Kirchen und andere stadtbildprägenden Baudenkmäler sind jedoch noch nicht ausreichend geschützt. So ist bisher z.B. das Rheinvorfeld von St. Kunibert – vermutlich mit Rücksicht auf ein Bauvorhaben des AXA-Konzerns – nicht als Wirkungsbereich dieser Kirche ausgewiesen, und auch das Wirkungsfeld der Oper ist zu knapp bemessen. Nachbesserungen sind hier dringend erforderlich.

„Entwicklungspotenziale“ als bloße Restfläche?

Bestätigt werden die Festlegungen des Ringkonzeptes von 2001. Dieses legt zwischen Hansaring und Eifelstraße die baulichen Höhen an den Kölner Ringstraßen auf sieben Stockwerke fest und ermöglicht an den Kreuzungen der Ringstraßen mit den Haupterschließungsstraßen im hinteren Blockbereich Gebäude von 60 m Höhe. (Nach diesen Vorgaben wurde z.B. das neue Gerlinggebäude am Friesenplatz errichtet.)

Ohne Umschweife steht die Stadtverwaltung auch an anderer Stelle zu ihrer Absicht, eine vertikale Verdichtung zu ermöglichen. So sollen im zentralen Einkaufsbereich zwischen Ost-West-Achse, Breite Straße, Richmodstraße/Auf dem Berlich und Hohe Straße Gebäude mit einer Höhe bis 35 m (= 10 Stockwerke) zulässig sein. Gleiches gilt für zwei „Ausläufer“ entlang der Nord-Süd-Fahrt nach Norden und Süden.

Voraussetzung der Genehmigung entsprechender Projekte ist die Einhaltung einer Fünf-Punkte-Checkliste, die u.a. die Einrichtung eines interdisziplinären Projektteams, die Ausarbeitung einer Sichtfeldstudie und Aussagen zur städtebauliche und gestalterische Einbindung des Bauvorhabens vorsieht.

Während die Gebäudehöhen im Ringkonzept städtebaulich begründet werden (die Kreuzungen der Ringstraßen mit den Haupterschließungsstraßen sollen im Stadtkörper deutlich markiert werden), bleiben die „Verdichtungsflächen“ im Kern der Innenstadt als bloße Restfläche übrig, nachdem alle sonstigen Erfordernisse berücksichtigt worden sind. Es ist offensichtlich, dass sich städtebauliche Qualität auf diese Art und Weise nicht begründen lässt.

Das mittelalterliche Köln als Leitbild?

Das Konzept wählt bewusst nicht den vermeintlich einfachen Weg, pauschaler Festlegungen, sondern trifft differenzierte Festlegungen. Es folgt damit richtigerweise nicht der Forderung, wie sie u.a. vom ehemaligen Kölner Oberbürgermeister Norbert Burger erhoben wird, bei 22,50 m den „Deckel drauf“ zu machen.

Abgesehen von pragmatischen Einwänden, ein zu pauschaler Plan werde alsbald mit Ausnahmen durchlöchert, spricht gegen eine solche Festlegung m.E. die Orientierung an einem mittelalterlichen Köln als Leitbild der Gegenwart. Die Moderne sollte eben nicht nur „weiter draußen stattfinden“, wie dies Norbert Burger fordert. Sie gehört nach wie vor auch in das Zentrum der Stadt. Zudem ist es angesichts der Heterogenität der Innenstadt, deren Silhouette auch durch mehr als 100 Gebäude, die höher als 25 m sind, geprägt wird, einfach abwegig ernsthaft von einer Wiederannäherung an eine mittelalterliche Stadtsilhouette zu träumen.

Perspektiven der zukünftigen Stadtentwicklung

Das „vom Bestand her gedachte“ (Bernd Streitberger) Höhenkonzept ist eine wichtige, aber keineswegs ausreichende Entscheidungsgrundlage für die zukünftige städtebauliche Entwicklung der linksrheinischen Kölner Innenstadt.

Doch nicht nur die städtebauliche Entwicklung bedarf einer intensiven Diskussion und klarer Vorgaben, sondern die Stadtentwicklung als Ganzes. Im nächsten Schritt darf es daher nicht mehr nur um Gebäudehöhen, sondern auch um die Flächennutzungen, die Infrastrukturausstattung etc. gehen. Die Ankündigung des Dezernenten, dass als nächstes ein „Masterplan“ erarbeitet werden soll, ist daher die richtige Konsequenz. Diese Arbeit kann auf hervorragende ältere Arbeiten der Stadtverwaltung zurückgreifen – zu erinnern ist v.a. an das „Entwicklungsprogramm Innenstadt“ (1979/1982) und das „Entwicklungskonzept Innenstadt“ (1985/86).

Auf entschiedenen Widerstand sollte jedoch das Vorhaben stoßen, diese wichtige Entscheidungsgrundlage für die langfristige Entwicklung der Kölner Innenstadt nicht durch die Stadtverwaltung, sondern ein externes Planungsbüro und unter Beteiligung der Industrie- und Handelskammer (!) erarbeiten zu lassen.

Bürgerversammlungen

Zum Verfahren hat Stadtentwicklungsausschuss im Januar 2006 eine erste wichtige Weichenstellung vorgenommen: Das Konzept wird nicht im Schnelldurchgang im Rat beschlossen, sondern durch eine Expertenrunde und auf drei regionale Bürgerversammlungen öffentlich erörtert. Jetzt heißt es zunächst also vor allem: Hingehen!

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